Prof. Dr. med. Reinhard Roos ist am 18.3.2025 im Alter von 80 Jahren in München verstorben.
Bevor er 1994 Chefarzt der Kinderklinik München Harlaching wurde, führte ihn seine berufliche Laufbahn in die Dr. von Haunersche Kinderklinik der LMU München und nach seiner Habilitation in die Neonatologie im Universitätsklinikum Großhadern.
Für uns ist er als Gründungsmitglied des Fördervereins Harl.e.kin e.V. (1996) und insbesondere ab 2003 als wesentlicher Mitbegründer und engagierter Verfechter der Harlachinger Harl.e.kin-Frühchen-Nachsorge, einer strukturierten Nachsorge von Früh- und Risikoneugeborenen in der Kinderklinik München-Harlaching, von großer Bedeutung.
Seine frühe Erkenntnis, dass es in der Betreuung von Frühgeborenen um „Kind, Mutter, Vater, Geschwister und Großeltern“ * gehen müsse, und seine Initiative, „auch (die) soziale Situation bei (der) Visite an(zu)sprechen, um eine „Atmosphäre des Unterstützens (zu) schaffen, wurden – so seine Worte – „anfangs belächelt“ * Sein Bestreben war es, Frühgeborene und ihre Familien nach der umfassenden Betreuung in der Klinik zu Hause nicht in ein Versorgungsloch fallen zu lassen.
„Wir haben einfach angefangen“, meinte er später einmal. Mit Hilfe des Harl.e.kin e.V. setzte er sich über Verwaltungshürden hinweg, dachte pragmatisch, handelte pragmatisch: Mit einer psychosozialen Beratung der Familien auf Station und Hausbesuchen durch die vertrauten Pflegekräfte der Neonatologie begann alles. Er war der Mann mit den richtigen Talenten an der richtigen Stelle - und vielleicht auch nur so wurde durch und mit Prof. Roos - und natürlich den gleichgesinnten Pflegekräften, Ärztinnen und Ärzten auf Station und im Harlekin e.V. - die Harlachinger Harl.e.kin-Frühchen-Nachsorge auf den Weg gebracht.
Durch die Förderung des bayerischen Sozialministeriums und die Mitwirkung der Arbeitsstelle Frühförderung Bayern, damals in Person von Dr. Sabine Höck, konnte aus dieser Initiative ein Pilotprojekt und letztlich ein Nachsorgemodell für ganz Bayern werden - ein interinstitutionelles Modell, in dem Fachkräfte von Kinderkliniken mit Neonatologie und interdisziplinären Frühförderstellen gemeinsam die Nachsorge in den Familien gestalten.
Der Name Harl.e.kin (entnommen den Wortbausteinen Harlaching-Eltern-Kind) und auch ein Teilausschnitt des Logos des Harl.e.kin e.V. gingen als Wiedererkennungsmerkmale in die bayernweite Harl.e.kin-Nachsorge ein. Persönlich war Prof. Roos stets bereit, für den Aufbau neuer Standorte Kontakte herzustellen und seine bestehenden Kontakte für die Frühgeborenen-Nachsorge zu nutzen, in Bayern und auch sonst wo.
In einem Videointerview für die 20 Jahr Feier der Harl.e.kin-Nachsorge in Bayern im November 2023 sagte er rückblickend dazu: „Der Ausbau war die Idee von Dr. Höck.“ Dies habe er „mit Wohlwollen begleitet, da ein Monolith auch ein System brauche.“ *
Gleichwohl hat er sich als Praktiker und Pragmatiker immer wieder und gelegentlich vehement an strukturellen Vorgaben gerieben. Auch hier ein Zitat: Es braucht „Menschen, die das Problem sehen, nicht die Paragraphen.“ *
Der Harlekin e.V. ist bis heute Träger von 3 Münchner Harl.e.kin-Standorten: München-Harlaching, München-rechts der Isar und München-Schwabing. Prof. Roos blieb auch nach seinem beruflichen Ausscheiden als Chefarzt weiter als Kinderarzt tätig, wirkte zudem im Harl.e.kin e.V. als Fürsprecher und engagierter Kämpfer für die früh-und risikogeborenen Kinder und ihre Familien.
Sein Werk ist nicht zu Ende, seine Initiativen sind jeden Tag wirksam für frühgeborene Kinder und ihre Familien, seine Nachfolgerinnen und Nachfolger setzen seine Arbeit fort, entwickeln seine Ideen weiter.
Für die Harl.e.kin-Nachsorge in Bayern
Renate Berger und Bettina Achhammer
Zentrale Koordination der Harl.e.kin-Nachsorge in Bayern
an der Arbeitsstelle Frühförderung Bayern
* Fußnote
in Anführungsstriche sind jeweils gesetzt Zitate aus einer Videoaufzeichnung mit Prof. Roos zum 20jährigen Jubiläum der Harl.e.kin-Nachsorge in Bayern im November 2023